Variable Ansaugsysteme, mehr Aufladung, reduzierter Hubraum oder flexible Ventilsteuerung: Maßnahmen, die den Wirkungsgrad des Motors erhöhen sollen und damit letztlich den Kraftstoffverbrauch senken. Zu diesen vielversprechenden Ideen gehört auch die Zylinderabschaltung, wie sie im 500er der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz zu finden ist.Mit der Zylinderabschaltung läßt sich vor allem der sogenannte Teillastbetrieb des Motors nachhaltig verbessern. Denn im unteren Lastbereich fällt der Wirkungsgrad aufgrund der geringen Turbulenzen in den Brennräumen, der geringeren Zylinderfüllung und der hohen Ladungswechselverluste üblicherweise ab.
Auch von den acht Zylindern des S 500 arbeiten zeitweise nur vier. Denn in der dritten, vierten und fünften Fahrstufe des Automatikgetriebes schaltet die Elektronik die Hälfte der Zylinder ab. Allerdings nur dann, wenn der Motor zwischen 1000 und 3500 mal je Minute dreht, entsprechend dem Tempobereich 40 bis 160. In diesem Teillastbereich arbeitet der S-Klasse-Motor nur noch mit den Brennräumen 1 und 4 auf der rechten Zylinderseite und 6 und 7 auf der linken. Ein- und Auslaßventile sowie die Kraftstoffzufuhr für die jeweiligen Zylinder sind dann abgeschaltet. Parallel dazu gleicht die Elektronik einen möglichen Drehmomentsprung aus, indem sie die Drosselklappen und den Zündzeitpunkt entsprechend steuert.
Der Effekt dieses automatischen Schließvorgangs ist groß: Im Teillastbereich vermindert sich der Kraftstoffverbrauch bei Fahrten mit konstant 120 km/h um mehr als 12%, bei 90 km/h um 15%. Maximal 20 % Ersparnis sind bei konstanten 60 km/h möglich. Trotzdem soll die Drehmoment-Charakteristik des Triebwerks in vollem Umfang erhalten bleiben. Lediglich die Nennleistung verringert sich geringfügig von 5 (7PS) auf 220 kW (299 PS).
Das Prinzip der Zylinderabschaltung ist in Serienfahrzeugen nicht neu. Cadillac startete schon 1981 mit dem „Fleetwood“ das „Cylinder Cut-off“. Das sogenannte Cadillac-Eaton-System schaltet dabei die nicht benötigten Zylinder ab. So sind in der Anfangsphase noch alle Achtzylinder aktiv, doch bei einer Geschwindigkeit zwischen 43 und 76 km/h arbeiten nur noch vier. Nach 120.000 verkauften Fahrzeugen mußte die Produktion allerdings eingestellt werden. Grund: die unzuverlässige Elektronik.
Auch in der Porsche-Forschungszentrale in Weissach beschäftigen sich die Ingenieure mit der Zylinderabschaltung. Bald soll eine Porsche-Zylinderabschaltung serienreif sein. Schon beim Sechszylinder-Boxermotor des letzten 911er waren 13 Prozent Einsparung möglich. Unter optimalen Testbedingungen erreichte man im Leerlauf eine Kraftstoffersparnis von 41 Prozent. Doch spürten die Entwicklungsingenieure bei hohen Lasten und niedrigen Drehzahlen Fahrzeugschwingungen. Dies gehört mittlerweile der Vergangenheit an.
Ohne Einbußen im Bereich Laufruhe und Geräuschentwicklung soll es auch beim Mercedes S 500 zugehen, wenn die Hälfte der Zylinder ruht. Mercedes-Benz setzt sogar weiter auf dieses System: Im Topmodell Maybach arbeitet ein V12-Triebwerk mit knapp sechs Litern Hubraum und Zylinderabschaltung im Teillastbereich. Marketingexperten stellen allerdings skeptisch die Frage, ob einem Maybach-Käufer, der für seinen 12-Zylinder-Traumwagen mehrere hunderttausend Mark hinblättert, temporär auch 6 Zylinder reichen?
Zylinderabschaltung – Update
In den Bereich großvolumiger V-Motoren mit Zylinderabschaltung reihte sich 2003 auch Honda mit einem 3,5l-V6-Motor ein, DaimlerChrysler 2004 mit einem 5,7l-V8-Motor und 2009 Bentley mit einem 6,75l-V8-Motor. 2011 brachte Mercedes-AMG einen 5,5l-V8 Saugmotor auf den Markt. Jüngst wurden weitere Motoren mit Zylinderabschaltung von Audi (4l-V8) und VW (1,4l-I4) angekündigt, die schon bald auf den Markt kommen werden.