Achtung, Garagenkontrolle

20.3.2018 – Viele Ballungszentren sind dicht. Parkraum ist begrenzt. Statt in Garagen oder auf Stellplätzen werden rund 40 Prozent der Pkw in der Nähe der Wohnung abgestellt. Zugeparkte Fahrzeuge, versperrte Ein- oder Zufahrten beklagen dann die Anwohner. Oftmals sind die vorhandenen Garagen zweckentfremdet: mit Müll, Gerümpel oder Gartenmöbeln. Ordnungsbehörden gehen jetzt gegen diese Fremdparker vor: Bußgelder bis zu 500 Euro drohen.

Es gilt: Wer eine Garage hat, muss sie grundsätzlich auch nutzen. In vielen Landesbauordnungen ist dies festgeschrieben. Um die Straßen zu entlasten und die Parkplatznot zu lindern. Zubehör wie Reifen, Werkzeug, Pflege- und Putzmittel dürfen in einer Garage zwar abgestellt werden. Auch Motorräder, Mopeds oder Fahrräder. Wer sie aber total blockiert, muss mit Geldstrafe und Ordnungsverfahren rechnen.
In Niederkassel bei Köln ging kürzlich das Ordnungsamt gegen einen Autobesitzer vor. Seine Garage nutzte er als Abstell- und Hobbyraum. Den Wagen parkte er auf der Straße, wo schon für Anwohner kaum Platz war. Da sich auch Feuerwehr, Rettungsfahrzeuge und Müllabfuhr dort über blockierte Zufahrten beschwerten, wurde die Stadtverwaltung aktiv. Noch gemäßigt mit „Gesprächsaufklärung“. Eine „Garagenpolizei“ sei demnach nicht geplant.

Vielleicht nur noch eine Frage der Zeit. Denn Kommunen und Städte verknappen den Parkraum mehr und mehr. Der Parkplatzsuchverkehr macht bis zu 40 Prozent des üblichen Verkehrs aus und dauert im Schnitt neun Minuten. Er ist auch verantwortlich für Staus, Lärm und Luftverschmutzung und damit für Fahrverbote. Der Trend zum Zweit- oder sogar Drittwagen plus Wohnmobil führt dazu, dass Autobesitzer mittlerweile ihre Fahrzeuge auf nahe liegenden Straßen abstellen. Allein für Hamburg mit 771.573 Fahrzeuge (Statistisches Amt, 2017) liegt der Pkw-Platzbedarf bei fast zehn Quadratkilometern – so viel wie etwa 1350 Fußballplätze.

Der Kampf um Abstellplätze wird härter. In den letzten zehn Jahre stieg der Pkw-Bestand hierzulande um mehr als fünf auf rund 46,5 Millionen. Unter der angespannten Parkraummisere leiden die meisten Großstädte. In Hagen beschweren sich Anwohner oft anonym bei der Stadtverwaltung über Fremdparker. “Erfahren wir, dass zweckentfremdete Garagen zusätzlich die Parksituation verschärfen, dann schauen unsere Ordnungsbehörden genau hin”, erklärt Dietmar Thieser (SPD), Bürgermeister im Hagener Stadtbezirk Haspe. Dies spürte die Feuerwehr kürzlich: Eine vermüllte Garage brannte lichterloh,  zugeparkte Wege behinderten die Anfahrt und führten gar zu einem Unfall mit einem falsch abgestellten Mercedes. „Hier muss das Bauordnungsamt viel konsequenter gegen die Parker vorgehen“, sagt Dietmar Thieser, „schließlich haben die Hausbesitzer für ihre Baugenehmigung einen Stellplatz nachgewiesen“. Er weiß aber auch: Wohnungen werden häufig ohne Stellplätze vermietet; Tiefgaragen in Mehrfamilienhäusern sind unterbelegt, weil sie zu teuer sind.

16 Bundesländer – jedes mit eigener Landesbau- und Garagenverordnung. Mehr als 11.000 Gemeinden haben zusätzlich ihre eigene Stellplatzsatzung. Der Stellplatzschlüssel „eine Wohnung – ein Auto“ funktioniert nicht mehr. Wo keine Garagen vorhanden sind, werden Stellplätze ausgewiesen. Allerdings besteht für diese keine Nutzungspflicht. Die Verbindung von Wohnung und Stellplatz regelt die Reichsgaragenordnung von 1939. Eine überholte Vorschrift, findet Stadt- und Verkehrsplaner Volker Bless, Professor für Mobilität an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden, in der Süddeutschen Zeitung. Er fordert die Entkopplung. „Bis zu 40 Prozent der Einwohner in Innenstädten haben kein Auto mehr, Kopplung fördert aber die Autonutzung“. Es sei bequemer aus der warmen Tiefgarage ins Büro zu fahren, statt mit entfernten öffentlichen Verkehrsmitteln. Wohnraum ohne Stellplatz spare viel Geld. Nicht nur, dass Stellplätze in Tiefgaragen teils bis zu 20.000 Euro teuer seien. Es sei auch sozialgerechter beim bezahlbaren Wohnraum und erleichtere die Verkehrswende zu weniger Autoverkehr in den Metropolen. Dies zeigt sich beispielsweise in Hamburg. Dort kürzt man jenseits vom zentralen Parkhaus am Überseequartier die vorgeschriebenen Stellplätze um mehr als die Hälfte auf 0,4 pro Wohneinheit. Argument der Planer: rund Dreiviertel der Hamburger fahren weniger als 10 000 km pro Jahr mit dem Auto. Damit ist das angebotene Carsharing kostengünstiger als das eigene Auto – und eine eigene Garage.