Rennspiele verbessern Fahrverhalten

20.8.2023 – Der Traum vom Video-Zocker zum Rennfahrer verwirklicht Hollywood in dem Action-Rennspiel „Gran Turismo 7“ mit Schauspieler Orlando Blum. Der Film handelt vom  Aufstieg des Videospielers Jann Mardenborough. Innerhalb der von Nissan gegründeten GT Academy setzte er sich mit seinen virtuellen Fahrkünsten gegen 90.000 Konkurrenten durch. Als Profi-Rennfahrer nahm er an mehr als 30 Rennen teil. Neue Sensorik und Modernste Computertechnologie mit  realitätsnaher Grafik und Sound vermitteln mittlerweile auf dem Bildschirm das Verstappen-Gefühl der Formel 1.  Action-Videospiele verlangen eine hohe Konzentration sowie eine schnelle Anpassung an wechselnde und komplexe Verkehrssituationen. „Bei  Aufmerksamkeitstests, die etwa Reaktionsgeschwindigkeiten gegenüber sich bewegenden Objekten erfassen, erwiesen sich Vielspieler als deutlich überlegen“, heißt es bei Forschern. Ähnlichkeiten beim Gaming und bei den Aufmerksamkeitsaufgaben erzeugten offenkundig einen direkten Trainingseffekt.

Experten sind sich einig: Videospiele können die Fahrfähigkeiten für jüngere Fahrer verbessern und auch Senioren trainieren. Australische Wissenschaftler der University of Western Australia in Perth  untersuchten, inwieweit   Action-Videospieler zu sichereren Autofahrern werden können. 77 Videospieler  mit unterschiedlicher Erfahrung schickte man dazu in Fahrsimulatoren mit dem Videospiel Gran Turismo 7 ins Rennen.  Zur Messung der Fahrleistung mussten die Teilnehmer eine möglichst konstante Geschwindigkeit einhalten sowie in der  Fahrspur bleiben. Dazu wurde auch die kognitiven Belastung gemessen, beispielsweise die Aufmerksamkeitsschwelle  beim Fahren auf dem Nürburgring.  

Der ADAC gibt zu bedenken: „Grundsätzlich lassen sich die Gefahrenwahrnehmung und auch die kognitiven Leistungen am PC trainieren“, erklärt Andreas Hölzel, „das Ganze funktioniert aber immer nur bis zu einem bestimmten Level.“  

Die Forscher untersuchten auch die Fahrleistung bei gleichzeitiger Ablenkung, wie Gespräche mit einem Beifahrer oder einem Handytelefonat während der Fahrt  mit Freisprecheinrichtung. Beispielsweise wie oft die Fahrer das Tempo wechselten. Dabei war nicht „Gas geben“ relevant, sondern vorausschauende, ständige Beobachtung der Umgebung. Denn häufig wechselnde Tempi sind mit einem höheren Unfallrisiko verbunden.  Erfahrene Videospieler fuhren weitgehend mit konstantem Tempo. Dies trifft auch für das genaue Spur halten, das  als Indiz für eine gute Fahrleistung gilt. Denn dafür sind räumliches Bewusstsein und  psychomotorische Kontrollen wie  Lenkkorrekturen  erforderlich.

“Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Erfahrung beim Spielen von Actionspielen  mit einer verbesserten Fahrleistung zusammenhängt“, erklären die australischen Forscher. Schließlich haben sie auch “freie Kapazitäten” der Spieler bewertet: Eine verringerte Kapazität verlängert die Reaktionszeit.

Ersetzen Auto-Videospiele künftig die Fahrschule oder den Fahrlehrer? Der Verband der deutschen Games-Branche ist kritisch.  Spiele, die Autorennen sehr gut simulieren, eignen sich als Fahrlehrer  jedoch nicht“, sagt  Geschäftsführer Felix Falk. Dennoch trainierten Rennspiele Fähigkeiten, die auch im realen Straßenverkehr hilfreich sein können, etwa schnelle Reaktionen oder eine bessere Hand-Auge-Koordination.

Dies könnte auch Senioren zugute kommen. Sie haben häufig eine längere Reaktionszeit. Mit einem Autofahrer-Trainingsspiel auf einem TV-Gerät haben japanische Forscher Senioren fit gemacht. Japan hat die älteste Bevölkerung weltweit. Die Wissenschaftler  absolvierten mit Senioren ein 6-wöchiges Trainingsprogramm: fünf Sitzungen pro Woche je 20 Minuten lang.  In dieser Kontrollstudie wurden 60 ältere Autofahrer  mit einem speziellen Autofahrerspiel mit einer Gruppe normaler Videospieler verglichen. Ergebnis: Das  Autofahrerspiel verbesserte die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Aufmerksamkeit der Senioren. Das Training senkt bei älteren Fahrern das Unfallrisiko um fast die Hälfte.